Zunächst: Frohes Neues! 🥂🍾
Und für 2020 nicht vergessen: #SteamNazisMustDie
Und nun zum Rückblick:
Kompressor – Kritischer Blick auf Privilegien
In der Sendung Kompressor des Deutschlandfunk Kultur sprach ich über Klassenkonflikte in der Popkultur der vergangenen Dekade:
Klasse werde in populären Medien „viel mehr thematisiert“, sagt der Autor und Kulturwissenschaftler Christian Huberts. Vieles von dem, was hinsichtlich Feminismus, Antirassismus, Queer-Diskurs oder eben rund um die Klassenfrage passiert sei, habe sich in Musik, Computerspielen, im Fernsehen, Kino oder in der Literatur niedergeschlagen oder dort sogar – wie die MeToo-Bewegung – seinen Anfang genommen.
Zeit Online – Death Stranding
Bei Zeit Online habe ich Hideo Kojimas Opus Magnum Death Stranding näher unter die Lupe genommen und für naja befunden:
Indie-Allüren und Hardcore-Ambitionen, ästhetischer Stilwille und Clickbait-Willkür reiben sich auf allen Ebenen. Es ist gleichzeitig prätentiöser Gegenwartskommentar und subversives Hardcore-Game. Death Stranding hat etwas über soziale Beziehungen zu sagen, aber auch über zu viele andere Dinge, die zum Teil im direkten Widerspruch dazu stehen, weshalb am Ende die Neudefinition sozialer Verbindungen in Games ausbleibt.
Next Level Festival 2019
In diesem Jahr war ich mal wieder auf dem Next Level Festival, im Rahmen des Fachtags »Let’s Talk About Games!« des Grimme Instituts. Es ging um die »Selbst-Toasterisierung einer Branche«:
Als facettenreiches Kulturphänomen sind Computerspiele ein selbstverständlicher Gegenstand für den Kulturjournalismus. Doch die Vergangenheit dieser Begegnung ist geprägt von Missverständnissen. Fragte der Kulturjournalismus oft nicht weiter als bis zum technischen Nutzen und der Ähnlichkeit zum Bekannten, scheut die Spielentwicklung bis heute den kritischen Blick auf ihr Kulturgut.
Leider ist der Livestream der ganzen Veranstaltung wieder offline. [Edit: Es gibt nun eine ausführliche Veranstaltungsdokumentation.]
Am Tag drauf gab es noch ein Panel zu »Games und rechtsextremen Communities«:
Die Äußerungen von Bundesminister Horst Seehofer in der ARD-Sendung »Bericht aus Berlin« nach dem antisemitischen Anschlag in Halle im Oktober 2019 sind Ausgangspunkt des Expertengesprächs am 30.11.2019, das die Gefahren von Games und extremen politischen Tendenzen von Spieler*innen diskutiert. Mit dabei sind Linda Breitlauch (Games Verband RP und Hochschule Trier), Liz Haas (Künstlerduo UBERMORGEN/KHM) und Christian Huberts (Kulturwissenschaftler). Christian Schiffer (Journalist, u.a. WASD) moderiert.
Die Diskussionsrunde wurde vom WDR 3 aufgezeichnet und am 5. Januar 2020 im WDR 3 Forum gesendet. Leider gibt es auch hiervon noch keinen Podcast.
Kultursymposium Weimar 2019 – Aufbruch in unbekannte Welten
Bereits im Juni letzten Jahres fand das Kultursymposium des Goethe Instituts in Weimar statt. Ich saß dort in einem Panel über »Das Erkunden neuer Narrative durch Gaming«. Mittlerweile steht die Aufzeichnung der Gesprächsrunde online, auf Apple Podcasts und bei Spotify:
SUBOTRON arcademy: Gaming Culture Strategies 2020
Ende des letzten Jahres war ich in Wien, um bei Subotron über Radikalisierungsprozesse in der Gaming- und Netzkultur zu sprechen:
Not only since the terror attack in Halle on October 9, 2019, radicalized internet communities are being discussed. Back in 2014, the #GamerGate movement provided a blueprint for a decentralized, anti-feminist hate campaign, which was soon instrumentalized by right-wing groups and later almost entirely absorbed into the so-called »alt-right«. Scientific research on modern extremism also speaks of an »alt-right pipeline«: Young men that feel victimized by a supposedly left mainstream search the internet for identity and explanatory models. If they encounter spaces in which misanthropy and conspiracy ideology has been normalized as satire, humor or trolling, they begin a radicalization career, which in individual cases can lead to the acclimation to extremist communities and end in the dehumanization of whole groups of people. Even supposedly harmless platforms such as the distribution service Steam play a role in this process. Largely unmoderated and with an absolute understanding of free speech, they provide spaces of normalized anti-semitism, racism and sexism. Even people who do not necessarily want to radicalize themselves quickly encounter more and more radical content – and various bridges to even more extreme areas of internet culture such as 4chan. Gaming culture must develop strategies to deal with this appropriation of their spaces.
Vielfalt Mediathek – Gamingszene und rechter Terror
Gleich nochmal »Gaming-Szene und rechter Terror« für die Vielfalt Mediathek des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit e. V. (IDA):
Bundesinnenminister Horst Seehofer hat nach dem antisemitischen-rechten Terroranschlag von Halle gefordert, die »Gaming-Szene« stärker zu beobachten. Mit dieser Forderung hat er viel Widerspruch ausgelöst.
Der Podcast nimmt, zusammen mit dem Experten Christian Huberts, diese Aussage zum Anlass, sich mit der extremen Rechten innerhalb der Gamer-Szene zu befassen und fragt nach der Verbreitung extrem-rechter Ideologien im Gaming-Bereich und ihrem tatsächlichem Einfluss.
Kompressor – Die Branche braucht mehr Selbstkritik
Und nochmal das gleiche Thema in der Sendung Kompressor des Deutschlandfunk Kultur im Gespräch mit Rae Grimm von GamePro.de und Felix Falk vom Branchenverband game:
Christian Huberts ist Journalist und Kulturwissenschafter und betont den ähnlichen Ton und Überschneidungen der Communitys auf Spieleplattformen wie »Steam« und Messageboards wie »4chan« oder »8chan«, auf denen Rechte gezielt versuchten, Nachwuchs zu rekrutieren: »Seit 2014 konnte man die Annäherung beobachten an die rechte Szene, die Alt-Right in Amerika, aber auch international an rechte Gruppierungen, die halt sehr schnell gemerkt haben, dass sie dort radikalisierbare, junge, wütende Männer haben, denen sie gezielt Angebote machen könne. Und das wurde nicht ernst genommen.«
WDR 5 – Gewalt und die Gamerszene
And again, diesmal für den WDR 5:
Bundesinnenminister Seehofer hat Spott und Hohn geerntet für seine These, dass Computerspiele zur Vorbereitung von Anschlägen dienen könnten. Wir haben die Reaktionen zusammengefasst und mit dem Experten Christian Huberts über die wissenschaftlichen Hintergründe für Gewaltbereitschaft gesprochen.
Neue Westfälische – Extremistische Sprache auf Gaming-Plattformen schon normal
Die Neue Westfälische hat ebenfalls O-Töne von mir zum Themenkomplex aufgegriffen:
Denn die Normalisierung der extremistischen Sprache auf Gaming-Portalen findet der Wissenschaftler gefährlich. »Gerade junge Männer mit Anerkennungsdefizit und auf der Suche nach Identitätsangeboten können auf Gaming-Plattformen über das provozierende Spiel mit ideologischen Codes in Berührung mit Rechtsextremismus, Menschenhass und Verschwörungserzählungen kommen«, warnt Huberts. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass Gamer in etablierte rechte Netzwerke etwa auf zugangsbeschränkte Chat-Plattformen wie Discord weitergeführt werden.
Corso – Rechtsextremer Terror im Netz
Auch in der Sendung Corso des Deutschlandfunks sprach ich über neue Formen des Rechtsterrorismus im Netz:
Wahrscheinlicher ist, dass hier gesamtgesellschaftliche Konflikte auf dem Spielfeld der Gaming- und Netzkultur ausgetragen werden. Die jüngsten, rechtsextremen Terrorakte eint vor allem rassistische und antisemitische Verschwörungsideologie sowie ein stark ausgeprägter Antifeminismus. Die meist männlichen und weißen Täter sehen sich als Opfer eines linken Mainstreams, den es im Zweifelsfall mit Gewalt zu bekämpfen gilt.
Corso – Radikalisierung durch Computerspiele?
Zum Jahresende hat Corso ebenfalls eine großartige Podcast-Reihe zum Thema »Games und Politik« veröffentlicht, die sich sehr lohnt. In der dritten Folge rede ich – Überraschung! – über Radikalisierung in der Spielekultur:
Also, die Rechtsextremen profitieren vor allen Dingen von unmoderierten oder einfach sehr unkonsequent moderierten Plattformen. Das kann man auf Steam gut beobachten. Dort gibt es zwar quasi Community-Regeln, aber die werden nicht durchgesetzt. Also da sollten Hassbotschaften, auch aus Spaß, eigentlich gar nicht möglich sein, in der Praxis sind sie es aber. Und das ermöglicht eben Rechtsextremen, dort ihre Rhetorik zu streuen und damit eben auch ihre Ideologie, ihre Sprache, langsam zu normalisieren. Das heißt, hier stärker durchzugreifen, genauer darauf zu gucken. Wie wird gesprochen? Wo setzen wir die Grenze zwischen einem harmlosen Spaß und gefährlicher Sprache? Das wird die große Herausforderung sein der Branche und ihrer Plattformen.
Kompressor – #MeToo und Gaming
Und zuletzt noch einmal die Sendung Kompressor mit einem Gespräch – zusammen mit Yasmina Banaszczuk – zum Thema »Die Spielebranche erlebt ihren MeToo-Moment«:
Zwei Jahre ist es jetzt her, als unter dem Hashtag MeToo vor allem Frauen weltweit das Ausmaß sexualisierter Gewalt im Alltag deutlich machten. Seit einem Monat schwelt eine solche Diskussion auch in der Computerspiele-Branche, Männern und Entwicklern wird Machtmissbrauch und Vergewaltigung vorgeworfen.
Der Kulturwissenschaftler Christian Huberts bezeichnet diese Debatte als »sehr wichtigen« Moment. Wirkliche grundlegende Konsequenzen wurden bisher aber aus seiner Sicht noch nicht gezogen. »Was halt fehlt, sind die großen Aussagen dazu, was auf Branchenebene verändert werden kann.«