Spielfigur, die:

Eine Spielfigur in einem Spiel wird durch „Bausätze verfügbarer Fähigkeiten und Kapazitäten“ (James Newman) konstituiert. Sie besitzt damit Variabilität, aber niemals Individualität. Eine Spielfigur zu spielen bedeutet lediglich Variablen zu konfigurieren.

Die Evolution ist ein holpriges Ballett aus Versuch und Irrtum. Viele Arten stolpern dabei und kleben nun ausgekaut auf der Tanzfläche des Lebens. Wir hingegen scheinen auf die vielversprechenderen Füße getreten zu haben. Im Rückblick ist eigentlich alles perfekt gelaufen, fast so, als hätte uns jemand unter die Arme gegriffen und stetig unsere unbeholfenen Schritte gelenkt. Doch es hätte ebenso gut anders kommen können. Und genau dieses ‚es hätte anders kommen können‘ versprach uns Will Wright einst mit SPORE. Unsere Spielfiguren sollten mit den Irrtümern die wir begehen in ein ungewisses Schicksal tapsen. Im SPORE LABOR kreierten wir also schonmal großartige Fehlschläge. Monströse Kreaturen aus Klauen, Mündern und Augen. Wir wollten nichts Perfektes schaffen. Wir wollten Mutanten, voller Potential, ohne Zweck. Je mehr Regeln wir missachteten, desto spannender versprach der Ernstfall zu werden. Ausgesät irgendwo im chaotischen Rhythmus der Galaxis, würden sich unsere schrecklichen Kinder beweisen müssen. Werden sie, so wie wir, überleben und sich weiterentwickeln oder einfach nur zu Grunde gehen? Doch egal, wie diese Evolution ausgegangen wäre, am Ende hätten wir stolz unseren Freunden davon berichten können. Das waren/sind unsere Dinosaurier und Kakerlaken! Und dann schließlich keimte SPORE und unsere Schöpfungen krochen zum ersten Mal aus ihrer Ursuppe. Und wir mussten erkennen, dass wir getäuscht wurden. Die Evolution ist ein Irrtum. Alles richtet sich nach divine will (Wright). Ein idiotensicherer Schöpfungsplan greift uns unter die Arme. Beine machen schneller, Federn schöner und Stacheln gefährlicher. Alles ist Funktion. Damit wir die Evolution nicht übersehen, ist jede Form des Wandels ausgeschaltet und durch fixe Werte ersetzt. Gott würfelt nicht. Das Endergebnis steht fest. Entweder wir halten uns an die algorithmischen Gebote des Programms oder unsere Kreaturen erleiden ewiges Siechtum. Verdammt dazu im Spiel weder voranzuschreiten noch richtig unterzugehen. Ein ödes Fegefeuer für die Ungläubigen, die sich nicht den Schaltkreisen der Pseudoevolution unterordnen wollen. In SPORE ist kein Platz für Fehler. Unsere Kreatur reiht sich in eine bereits abgeschlossene Schöpfung ein. Ein Ideal davon, wie eine richtige Spielfigur beschaffen zu sein hat. Muskeln, Fleisch und Haut, über ein genormtes Skelett aus Zahlen gezogen. Unter ihrer prozeduralen Fassade unterscheiden sich Dinosaurier und Kakerlaken kein bisschen mehr voneinander. Nur Variationen der immer gleichen logischen Struktur. Nichts auf das wir stolz sein könnten. Göttliches Malen nach Zahlen. Bleibt also nur noch den Tanzschritten des Schöpfers zu folgen. Wir verwalten und optimieren, rasten ein in das Räderwerk eines kreationistischen Uhrmachers. Everything has to be (W)right. Und wie William Blakes göttlicher Architekt, mit Winkel und Zirkel in der Maushand, bauen wir weiter unsere leblosen, mechanischen Spielfiguren zusammen. Ganz nach unserem Ebenbild.

In seiner neusten Simulation SPORE widmet sich SIMS-Schöpfer Will Wright der Evolution. Der Spieler erschafft eigene Lebewesen und begleitet sie von der Ursuppe bis in den Weltraum. Weitere Informationen findest du hier.

(Ursprünglich erschienen auf subpool.de)