Game Over 2017 und あけましておめでとうございます!

Vor genau 20 Jahren habe ich mit der 3D Software Cinema 4D auf dem Amiga 1200 das berühmte Torii des Itsukushima-Schreins in Japan nachgebaut. In diesem Jahr konnte ich zum ersten Mal direkt vor Ort sein und mir das rote Tor aus nächster Nähe anschauen – einer beruflichen Reise sei Dank.

2017 kann also schonmal garnicht so übel gewesen sein, trotz der großen weltpolitischen Anspannung. Es hat sich gewissermaßen endgültig ein Kreis geschlossen, vom kindlichen rumspielen mit Computern hin zur freiberuflichen Karriere mit Computerspielen. Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit und hoffe auch im Jahr 2018 auf gute Zusammenarbeit! In diesem Sinne:
昨年はたいへんお世話になありましたが、今年もよろしくお願いいたします。

Achso, ein paar Sachen gab’s auch noch im letzten Viertel von 2017:

Deutschlandfunk Corso / WDR 5 Scala

Über die Vergangenheit und Zukunft von Computerspielen sprach ich sowohl für die Sendung Corso im Deutschlandfunk als auch für Scala im WDR 5 (ab 34:15). Hier können die Beiträge nachgehört werden: [Edit: mittlerweile leider depubliziert]

WASD #12

Wie in jedem halben Jahr ist wieder eine neue Ausgabe des besten Bookazines über Gameskultur erschienen. Diesmal geht es in der WASD #12 um Spielspaß. Ich schreibe diesmal unter anderem über die fehlerhafte Annahme, dass Spiele zwingend Spaß machen müssen, sowie über den Spaß an japanischen Blumengestecken:

Wie Ikebana sind Walking-Simulatoren eine Weg-Kunst. Es sind offene und spontane Erfahrungen, in denen zu viel Gameplay nur ablenkend wäre. Klassische First-Person-Shooter sind hingegen wohl eher Wegballer-Kunst. In ihnen geht es um den steten Kampf gegen die Zeitlichkeit. Jeder erfolgreiche Kill, jedes Achievement und jeder Prozentpunkt bis zur Vollständigkeit untermauert diesen aktiven Widerstand gegen den Tod. Das ist in Ordnung, so wie der Kölner Dom in Ordnung ist. Doch Walking-Simulatoren sind anders. In ihnen gibt es nichts festzuhalten und wenig zu sammeln, außer flüchtige Augenblicke. Auch das kann Spaß bereiten.

Und natürlich gibt es auch wieder einen neuen WASD-Podcast:

piqd

Weiterhin empfehle ich Texte für piqd. Kürzlich war ich nun ebenfalls im piqd podcast zu Besuch:

In dieser Folge spreche ich mit Christian Huberts über seinen piq “Social Credit: Eine Highscore in Gehorsam”, der den Aufschlag für die Sendung macht. Christian beschäftigt sich sonst viel mit Gaming-Kultur und zeigt die parallelen der chinesischen Pläne mit den Nudging-Systemen in Online-Spielen auf.

Im Spielrausch/Im Rederausch

Im Museum für Angewandte Kunst Köln läuft noch bis zum 4. Februar 2018 die Ausstellung Im Spielrausch. Bei der zugehörigen Veranstaltungsreihe Im Rederausch war ich als Diskutant zum Thema Gender in Computerspielen eingeladen:

Die mediale Darstellung von Geschlechterrollen tangiert sowohl Produzent_innen als auch Rezipient_innen. Welche ethischen und moralischen Aspekte lassen sich erkennen, wenn man betrachtet, wie Geschlechterrollen in den Medien reproduziert werden? Hat die Verwendung von Stereotypen auch Auswirkungen auf die Gesellschaft?

The Panel

Im Podcast-Magazin The Pod bin ich (Christian 2) nun regelmäßiger zu hören. Zusammen mit Christian Schiffer (Christian 1) und André Peschke, geht es in dem Gesprächsformat The Panel um aktuelle Gaming-Themen. Etwa: gekränkte Hardcore-Gamer, der Kitsch von Cage oder die Loot-Deppensteuer. Manchmal provoziere ich auch alleine. Achtung, es gibt eine übersichtliche Paywall!

Ambience Action Games

Der Begriff »Walking-Simulator« nervt, ist falsch und eigentlich sollte ihn niemand mehr benutzen. Damit es aber auch eine bessere Alternative gibt, haben Felix Zimmermann und ich uns etwas neues ausgedacht – das »Ambience Action Game«. Wie wir zu dem Begriff gekommen sind, beschreiben wir im Blog des Arbeitskreises Geschichtswissenschaft und Digitale Spiele:

Klingt auf jeden Fall viel geiler als “Walking-Simulator”! Aber ernsthaft – Alexander R. Galloway unterscheidet in der Diegese des Computerspiels zwei Handlungsfelder: Der “diegetic operator act” ist das klassische Handeln der Spielenden in der Spielwelt, beispielsweise die physische Exploration zu Fuß. Der “diegetic machine act” ist hingegen das Handeln der Spielwelt, etwa rauschende Bäume, fliegende Vögel, Spielfiguren im Idle-Mode, NPCs, Landschaften, Räume, Geräusche und so weiter. Galloway kürzt das auch als “ambience act” ab (vgl. Galloway 2006, 38). Ein “Ambience Action Game” wäre also ein Computerspiel, bei dem – pun intended – “ambience acts”. Die Spielumwelt agiert. Bei Super Mario Bros. (Nintendo, 1985) ist wichtiger, was die Spielenden machen, in Tacoma (Fullbright, 2017) oder Proteus ist wichtiger, was die Spielwelt macht. Dafür müssen wir uns natürlich von der narzisstischen Idee verabschieden, dass die Spielenden immer das Zentrum des Computerspiels sind.

Motherboard

Für Motherboard schrieb ich über Attentat 1942, ein großartiges Adventure über den Widerstand gegen die Besatzung der Tschechoslowakei durch die Nazis. Auf Grund von §86a des deutschen Strafgesetzbuches kann das Spiel aktuell noch nicht offiziell in Deutschland erscheinen:

Mit der historisch relevanten Abbildung von Hakenkreuzen, SS-Runen und Hitlergrüßen stößt das semi-dokumentarische Adventure nämlich in Deutschland auf dieselben rechtlichen Hindernisse wie etwa Wolfenstein II: The New Colossus. Dabei ist Attentat 1942 im Gegensatz zu dem politisch kontrovers diskutierten Ego-Shooter prädestiniert für die Anwendung der sogenannten Sozialadäquanzklausel: Laut § 86a Abs. 3 des deutschen Strafgesetzbuches kann für Lehre und Kunst eine Ausnahme beim Verbot der Darstellung verfassungsfeindlicher Kennzeichen gemacht werden – und Attentat 1942 verfügt sowohl über einen klaren Bildungsanspruch als auch über einen kreativ-künstlerischen Umgang mit der Aufarbeitung der Geschichte.

PLAY17

Auch 2017 war ich wieder auf dem PLAY-Festival unterwegs. Neben der Teilnahme an einem Panel zu aktuellen Trends in der Spielkultur, leitete ich einen Workshop über Tod und Zeitlichkeit im Computerspiel:

In Games können Spielende ihr Leben nicht verlieren, sehr wohl aber Lebenszeit. Schon zu den Anfängen des Mediums hängen Zeitlichkeit und die Repräsentation des Todes eng miteinander zusammen. Fehler erzwingen Passivität und ein finaler Fehltritt reduziert die verlorenen Augenblicke auf das Memento mori einer Punktzahl. Der Workshop erkundet die Zusammenhänge von Zeit und Sterblichkeit im Computerspiel, von Systemabstürzen der Vergangenheit zur Sterbenslangeweile gegenwärtiger Spielerfahrungen.

spielbar.de

Vom medienpädagogischen Portal der Bundeszentrale für politische Bildung wurde ich nach meiner Einschätzung des Deutschen Computerspielpreises gefragt. Ich habe viel gelobt und ein paar Kritikpunkte geäußert. Im Text übrig geblieben ist vor allem die Kritik, aber insbesondere mit diesem O-Ton kann ich gut leben:

Wenn es heißt, Computerspiele sind Kulturgut, dann schließt es eben auch ein, Computerspiele dort zu fördern, oder insbesondere dort zu fördern, wo sie sich nicht alleine tragen können.